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„Lückenhafte“ Anti-Entwaldungspläne der EU durchgesickert
EU-News | 16.09.2021
#Landwirtschaft und Gentechnik #Klima und Energie #Wald #Biodiversität und Naturschutz

„Lückenhafte“ Anti-Entwaldungspläne der EU durchgesickert

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c. Maria Bossmann

Die EU-Kommission will noch in diesem Jahr darlegen, wie sie weltweit gegen die Rodung von Wäldern für  Produkte zum Import in den europäischen Markt verhindern will. Ein durchgesickerter Entwurf klammert aber laut Guardian sensible Gebiete wie Cerrado-Grasland und das Pantanal-Feuchtgebiet aus, was Umweltorganisationen auf den Plan ruft. Derweil gibt es Streit um den bereits veröffentlichten Entwurf der EU-Waldstrategie. Und am Welttropenwaldtag wiesen Verbände auf den kritischen Zustand der Ökosysteme hin.

Geleakter Folgenabschätzungsentwurf enthält zu viele Schlupflöcher, kritisieren Umweltverbände

Sojaproduktion, Rindersteaks und Palmöl sollen nicht weiter dazu beitragen, den ökologischen Fußabdruck des EU-Konsums zu vergrößern. Laut WWF liegt die EU auf Platz der "Weltrangliste der Waldzerstörer" (EU-News 15.04.2021). Deshalb will die EU-Kommission im Dezember einen Entwurf für eine Verordnung vorlegen, die Produkten, die mit Abholzung der Wälder in Verbindung gebracht werden können, den Zugang zum EU-Binnenmarkt verwehren soll. Laut der Zeitung Guardian, die wiederum Umweltaktivisten zitiert, seien in einem geleakten 182-seitigen Entwurf für die Folgenabschätzung eines solchen Gesetzes aber "zahlreiche Schlupflöcher enthalten". Unter anderem würden ökologisch hochgradig sensible Gebiete wie das Cerrado-Grasland und das Pantanal-Feuchtgebiet ausgeklammert. Auch andere Nutztierarten, Leder, Kautschuk und Mais würden nicht berücksichtigt.

Das EU-Parlament hatte im Herbst 2020 in einer rechtlich nicht verbindlichen Entschließung vor allem dies gefordert: Verbindlichkeit im Kampf gegen die importierte Entwaldung und die Einführung von nachweislich entwaldungsfreien Lieferketten (EU-News 17.09.2020). Im Dezember hatte es die bahnbrechende Zahl von 1.193.652 Einsendungen bei einer öffentlichen Konsultation zum Thema gegeben, maßgeblich akquiriert von der Kampagne #together4forests. Die Beteiligten forderten ein starkes EU-Gesetz, damit Produkte in Zukunft weder zur Zerstörung von Wäldern und anderen Ökosystemen beitragen noch zu Menschenrechtsverletzungen führen. Mit über einer Million Unterschriften war dies die größte öffentliche Konsultation zu Umweltthemen in der Geschichte der EU und die zweitgrößte insgesamt (EU-News 18.12.2020). Dass im Entwurf nun anscheinend "andere Ökosysteme" ausgeklammert werden, dürfte auf viel Ablehnung stoßen.

Deutschland und Österreich: Gemeinsame Erklärung zur beziehungsweise gegen EU-Waldstrategie

Die kürzlich vorgelegte EU-Waldstrategie (EU-News 20.07.2021) haben inzwischen die deutsche und die österreichische Landwirtschaftsministerinnen kritisiert. Julia Klöckner (CDU) und ihre Amtskollegin Elisabeth Köstinger (ÖVP) hatten Ende August einmütig für mehr "regionale Waldkompetenz" plädiert. In einer gemeinsamen Erklärung, die während eines Treffens in Rheinland-Pfalz veröffentlicht wurde, forderten die beiden Ministerinnen eine EU-Waldstrategie, "die die Waldpolitik der Mitgliedsstaaten sinnvoll flankiert und ergänzt, nicht aber ersetzt". Die Vorschläge der EU-Kommission, "die Planungshoheit für Wälder zu übernehmen und zentral verbindliche Vorgaben für die Mitgliedstaaten vorzusehen", würden entschieden abgelehnt. Klöckner sagte, "mehr bürokratischer Blätterwald aus Brüssel" werde nicht gebraucht für den Aufbau standortangepasster, klimastabiler Mischwälder. Auch Köstinger zeigte ihre Ablehnung deutlich: "Auf europäischer Ebene verkommt der Wald immer mehr zum Spielball der Umwelt- und Klimapolitik der Kommission. Das werden wir in Österreich nicht akzeptieren." Beide Ministerinnen berufen sich "gemeinsam mit elf anderen Mitgliedstaaten" auf das Subsidiaritätsprinzip und haben eine entsprechende Initiative im Agrarministerrat gestartet.

Letzte Woche stellte das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) die Waldstrategie 2050 für Deutschland vor. Dass das Bundesumweltministerium nicht beteiligt gewesen sei, kritisierte Umweltministerin Svenja Schulze (SPD). Dies sei ein Verstoß gegen den Koalitionsvertrag. Der BUND kommentierte, dass mit der vorgelegten Waldstrategie die Interessen der Forstlobby statt die Wälder geschützt würden. Von einer ökologischen Waldwende fehle in der neuen Strategie jede Spur. "Das überrascht nicht, denn die Ministerin hat nicht einmal den Versuch unternommen, sie mit anderen Ressorts wie etwa dem Umweltministerium abzustimmen. Es gab keinen breiten zivilgesellschaftlichen Prozess zur Entwicklung einer echten Zukunftsvision. Angesichts des massiven Waldsterbens ist das ein schweres Versäumnis," sagte der BUND-Vorsitzende Olaf Bandt.

Hiobsbotschaften am Tag der Tropenwälder – wie viel Hoffnung bleibt?

Die Tropenwaldstiftung OroVerde beklagte am Montag anlässlich des internationalen Tages der Tropenwäder, dass allein 2020 rund 12,2 Millionen Hektar Tropenwaldfläche verloren gegangen seien, davon 4,2 Millionen Hektar immerfeuchter tropischer Primärwald. Damit sei schätzungsweise etwa ein Drittel der globalen Regenwälder bereits verschwunden. Brände und andere klimabedingte Einflüsse spielten weiterhin eine große Rolle beim Waldverlust, sowohl in den Tropen als auch in anderen Gebieten, so die Stiftung. Die EU ist laut einer Studie aus dem Jahr 2020 für 16 Prozent der globalen Tropenwaldabholzung und Naturzerstörung verantwortlich. Innerhalb Europas sei wiederum Deutschland Spitzenreiter beim Import von Entwaldung.

In Primär- als auch in Sekundärwäldern in Südostasien und in Lateinamerika sei wie in den vergangenen Jahren die Abholzung für den Rohstoffbedarf die Hauptursache für schwindende Tropenwälder. Im tropischen Afrika sei vor allem die Umstellung der Landwirtschaft für den Verlust von Waldfläche verantwortlich, so OroVerde. [jg]

Berichterstattung im Guardian: Leaked EU anti-deforestation law omits fragile grasslands and wetlands

Pressemitteilung BMEL: Klöckner/Köstinger: Kein bürokratischer Blätterwald aus Brüssel sowie Gemeinsame Erklärung zur EU-Waldstrategie

Pressemitteilung BMEL: Waldstrategie 2050
Berichterstattung energiezukunft: Waldstrategie 2050: Update für den Alleskönner Wald
Kommentar BUND: Klöckner schützt Interessen der Forstlobby statt den Wald

OroVerde: Tag der Tropenwälder - bald Geschichte?

EU-Holzhandelsverordnung

Die Umweltrechtsorganisation ClientEarth hat aktuelle Informationen rund um die EU-Holzhandelsverordnung (EUTR) zusammengetragen und in einem Newsletter veröffentlicht. Der Newsletter erscheint vierteljährlich und umfasst Neuigkeiten aus dem Bereich der EUTR-Umsetzung, ähnliche Gesetzesvorstöße auf dem internationalen Parkett und erfolgte Sanktionierungen bei Verstößen gegen die EUTR. Weiterlesen

LULUCF – Klimarettung durch natürliche CO2-Senken?

Der DNR-Steckbrief zu Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft - kurz LULUCF (Land Use, Land Use change and Forestry) bietet einen kompakten Überblick über den LULUCF-Sektor und geht der Frage nach, warum es keine gute Idee ist, LULUCF auf die EU-Klimaziele anzurechnen. Denn Wälder, Ackerland, Grünland, Moore und Feuchtgebiete sowie Siedlungen sind nicht immer und überall natürliche CO2-Senken. Ebenso geht der Steckbrief auf Forderungen von Klima- und Umweltorganisationen ein, die sich sowohl an die EU-Institutionen als auch an Deutschland richten. Weiterlesen

Zeitplan EU-Waldstrategie

Vorbereitungen auf EU-Ratsebene laufen

  • Im September diskutieren die Mitgliedstaaten den Entwurf der EU-Kommission auf nationaler Ebene. Außerdem tagt eine entsprechende Ratsarbeitsgruppe zur Vorbereitung der Schlussfolgerungen.
  • 6. Oktober: Umweltrat diskutiert die EU-Waldstrategie und tauscht sich aus
  • 11.-12. Oktober: Der Agrar- und Fischereirat diskutiert die Schlussfolgerungen
  • 15. November: Der Agrarrat wird voraussichtlich Schlussfolgerungen und damit den Ratsstandpunkt beschließen.

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