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EU-Renaturierungsgesetz final beschlossen
EU-News | 20.06.2024
#Biodiversität und Naturschutz #EU-Umweltpolitik #Landwirtschaft und Gentechnik #Wasser und Meere

EU-Renaturierungsgesetz final beschlossen

Fluss- und Grünlandschaft im Sonnenuntergang
© AdobeStock/indukas
Fluss- und Grünlandschaft im Sonnenuntergang

Die EU-Mitgliedstaaten haben die Verordnung zur Wiederherstellung der Natur endgültig beschlossen. Die Stimme der österreichischen Ministerin Gewessler brachte die Mehrheit. Umweltorganisationen feiern die Verabschiedung des Renaturierungsgesetzes als „historisch“ und „Meilenstein im europäischen Naturschutz“.

Aufatmen und Feierlaune bei Umweltorganisationen: Das EU-Renaturierungsgesetz (Nature Restoration Law, NRL) kann nun in Kraft treten. Am 17. Juni hat der Umweltrat in Luxemburg die Verordnung zur Wiederherstellung der Natur final abgesegnet. Trotz vieler Widerstände, wiederholten Blockadeversuchen und Desinformationskampagnen stimmten die Umweltministerinnen und -minister mit der notwendigen qualifizierten Mehrheit für das zentrale Vorhaben des europäischen Green Deals. Damit brachten die Mitgliedstaaten die Zitterpartie um die wohl seit Jahren relevanteste, neue EU-Naturschutzgesetzgebung zu einem positiven Abschluss. Denn bis zuletzt war die Mehrheit für die im Verfahren bereits deutlich abgeschwächte Trilog-Einigung ungewiss (EU-News vom 13.06.2024). Während die Entscheidung im Rat mehrfach vertagt wurde (EU-News vom 26.03.2024), hat das Europäische Parlament dem Kompromiss schon im Februar grünes Licht erteilt (EU-News vom 28.02.2024).

Österreichs Zustimmung sorgt für Mehrheit - und Koalitionskrach 

Noch in der Sitzung warnten einige Minister*innen vor einem negativen Präzedenzfall für Demokratie und die europäische Gesetzgebung, sollte die Trilog-Einigung nicht angenommen werden. Die ausschlaggebende Stimme gab schließlich die österreichische Umweltministerin Leonore Gewessler. Sie hatte bereits am Wochenende vor der Sitzung angekündigt von ihrer Enthaltung abzurücken und der Wiederherstellungsverordnung zuzustimmen. Aufgrund der Ablehnung der österreichischen Bundesländer war sie zuvor zu einer Enthaltung gezwungen gewesen. Da sich Wien und Kärnten schließlich bewegten und somit keine einheitliche ablehnende Position der Länder mehr vorlag, konnte Gewessler für die Verordnung stimmen, so die Begründung der österreichischen Ministerin für ihren Richtungswechsel. Sie kommentierte ihre Entscheidung mit: „Wenn es einen rechtskonformen Weg gibt, ist es meine Verpflichtung gegenüber künftigen Generationen, ihn zu beschreiten. Wir haben ihn gefunden, und deshalb hat dieses Gesetz meine Stimme.“ Diese Kurskorrektur ermöglichte schließlich die Mehrheit für das EU-Renaturierungsgesetz – und löste in Österreich eine Koalitionskrise aus. Gegen das Renaturierungsgesetz stimmten Finnland, Ungarn, Italien, die Niederlande, Polen und Schweden. Belgien hat sich enthalten. Für die deutsche Umweltministerin Steffi Lemke, die sich für die Verabschiedung stark machte, ist der Beschluss ein „Beispiel für die Kompromissfähigkeit der europäischen Staaten“ und ein „entscheidender Schritt, um in Europa eine intakte Natur zu erhalten“.

Reparatur der Natur in Europa

Grundsätzlich sieht das NRL vor, bis 2030 mindestens 20 Prozent der Land- und Meeresflächen der EU und bis 2050 alle sanierungsbedürftigen Ökosysteme wiederherzustellen. Die Mitgliedstaaten müssen Maßnahmen ergreifen, um den Zustand von Lebensräumen in schlechtem Zustand zu verbessern: Bis 2030 mindestens 30 Prozent, bis 2040 mindestens 60 Prozent und bis 2050 mindestens 90 Prozent. Für jedes der im NRL aufgelisteten Ökosysteme werden außerdem spezifische Ziele und Verpflichtungen für die Wiederherstellung festgelegt. Für gelistete Ökosysteme und wiederhergestellte Gebiete soll ein Verschlechterungsverbot gelten. Die Mitgliedstaaten müssen zudem regelmäßig nationale Wiederherstellungspläne vorlegen. Im Gegensatz zum Kommissionsvorschlag enthält der finale Verordnungstext einige Abschwächungen (EU-News vom 10.11.2023), so sollen Wiederherstellungsmaßnahmen bis 2030 prioritär in Natura-2000-Gebieten umgesetzt werden. Außerdem wird es eine sogenannte „Notbremse“ geben, nach der unter bestimmten Umständen die Regelungen für Agrarökosysteme ausgesetzt werden können.

NGOs: „Historischer Tag“

Übereinstimmend und mit großer Freude begrüßten Umweltorganisationen die finale Verabschiedung des EU-Renaturierungsgesetzes durch den Umweltrat. Für DNR-Geschäftsführer Florian Schöne ist der Schritt ein „wichtiges Signal an die ganze Welt“, der zeige, dass die Verpflichtungen aus dem UN-Weltnaturschutzabkommen trotz einer „starken, rechtspopulistischen Kampagne“ nicht verhandelbar seien. Er bedankte sich bei allen Unterstützer*innen des Vorhabens, explizit auch bei Leonore Gewessler und Steffi Lemke. Damit die Umsetzung jedoch gelingen könne, müsse auch die Finanzierung gesichert sein. Die EU-Kommission sollte daher „zügig einen umfangreichen Fonds für die Wiederherstellung der Natur auf den Weg bringen“, so Schöne weiter. Für den NABU ist die Verordnung ein „wichtiger Meilenstein“ für die Natur in Europa. Laut Stephan Piskol, NABU-Referent für Renaturierung und natürlichen Klimaschutz, brauche es jetzt ein „Nationales Gesetz zur Rettung der Natur“ sowie „schlankere Verfahren und mehr Klarheit für die Bundesländer“, damit die Wiederherstellung auch lokal erfolgreich umgesetzt werden könne. Für den BUND-Vorsitzenden Olaf Bandt ist die Verabschiedung „die wichtigste Initiative im europäischen Naturschutz seit 30 Jahren“. Er appelliert an die Bundesregierung, dass diese sich nun „unverzüglich an die Arbeit machen“ müsse, um die europäischen Vorgaben „in Zusammenarbeit mit allen maßgeblichen Akteuren zügig und vollständig" umzusetzen.

Die Verordnung wird nun im Amtsblatt der EU veröffentlicht und daraufhin in Kraft treten. Das NRL wird unmittelbar in jedem EU-Mitgliedstaat gelten. [bp]

Pressemitteilung Umweltrat

Pressemitteilung DNR

Pressemitteilung NABU

Pressemitteilung BUND

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