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Klimaziel 2030: Europäischer Rat vertagt Entscheidung
EU-News | 19.10.2020
#Klima und Energie #EU-Umweltpolitik

Klimaziel 2030: Europäischer Rat vertagt Entscheidung

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c. Pixabay

Trotz klarer Zustimmung einiger Mitgliedstaaten wollen die EU-Staats- und Regierungschef*innen erst im Dezember ein höheres Klimaziel 2030 festlegen. Umweltorganisationen kritisierten diesen Schritt.

Brexit und Covid-19 stechen Klimadebatte aus

Das zweitägige Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschef*innen der EU-27 endete am Freitag mit recht knappen Schlussfolgerungen zum Klimaschutz: „auf möglichst kosteneffiziente Weise“ sollen da die Klimaziele erfüllt werden. Zu den Zielen sollen zwar alle Mitgliedstaaten beitragen, aber „nationale Gegebenheiten sowie Fairness- und Solidaritätsaspekte“ sollen berücksichtigt werden. Zusätzlich soll die EU-Kommission „eingehende Konsultationen mit den Mitgliedstaaten“ führen, um „jeweils die konkrete Situation zu beurteilen und mehr Informationen über die Auswirkungen auf der Ebene der Mitgliedstaaten bereitzustellen.“

Anders scheinen wohl Länder wie Polen, Bulgarien und Tschechien nicht überzeugt werden zu können, insbesondere ein höheres Klimaziel 2030 von mindestens 55 Prozent weniger Treibhausgasemissionen mitzutragen. Allerdings hatte der tschechische Ministerpräsident Andrej Babiš vor dem Treffen verkündet, dass sein Land ein Reduktionsziel von 55 Prozent unterstütze, solange es nur EU-weit gelte und es keine verbindlichen nationalen Zielvorgaben gebe.

Zudem hatten vor dem Treffen die Ministerpräsident*innen von Dänemark, Estland, Finnland, Frankreich, Irland, Lettland, Luxemburg, Portugal, Schweden und Spanien eine Anhebung des EU-Klimaziels 2030 – nämlich die Treibhausgasemissionen um mindestens 55 Prozent im Vergleich zu 1990 zu verringern – begrüßt. „Mindestens 55 Prozent“ hatte die EU-Kommission in ihrer Folgenabschätzung vorgeschlagen (EU-News vom 17.09.2020). In der gemeinsamen Erklärung heißt es: „Lassen Sie uns als Gemeinschaft […] unser 2030-Klimaziel auf mindestens 55 Prozent anheben, was zur Klimaneutralität 2050 führt.“

Wie der Umweltinfodienst ENDS Europe in der vergangenen Woche berichtete, hatte auch Bundeskanzlerin Angela Merkel gegenüber Journalist*innen bekräftigt, dass Deutschland die Zielerhöhung auf mindestens 55 Prozent im Rat unterstützen werde.

Jedoch widmeten die Führungsspitzen der EU-27 sowohl den Verhandlungen mit dem Vereinigten Königreich um ein Partnerschaftsabkommen als auch der Coronapandemie weit mehr Zeit. Die epidemiologische Lage sei in dieser Form beispiellos und gebe Anlass „zu sehr großer Sorge“. Die Koordinierungsmaßnahmen zwischen der EU und den Mitgliedstaaten müssten mit Blick auf Testverfahren, Quarantänevorschriften und das Ermitteln von Infektionsketten fortgeführt werden.

Was die schwierigen Verhandlungen mit dem Vereinigten Königreich betrifft, forderte der Europäische Rat den EU-Chefunterhändler Michel Barnier auf, seine Arbeit weiterzuführen. Dieser erklärte: „Wir sind fest entschlossen, mit dem Vereinigten Königreich eine faire Vereinbarung zu treffen. Wir werden alles tun, was wir können, aber nicht um jeden Preis.“ In Hinblick auf das britische Binnenmarktgesetz heißt es in den Schlussfolgerungen, dass das Austrittsabkommen und seine Protokolle vollständig und rechtzeitig umgesetzt werden müssten. Am 31. Dezember endet der Übergangszeitraum. Bislang deutet vieles auf einen ungeregelten EU-Austritt des Vereinigten Königreichs hin.

Umweltverbände: Zeit drängt, Entscheidung muss her

Doch zurück zum EU-Klimagesetz und dem höheren Klimaziel 2030: Aus Sicht des Präsidenten des Umweltdachverbands Deutscher Naturschutzring (DNR) Kai Niebert ist es bedauerlich, dass die Staats- und Regierungschef*innen über einen ersten Positionsaustausch zum neuen Klimaziel für 2030 nicht hinausgekommen sind. Das liefere ein schwaches Bild im Vergleich zum mutigen Votum des Europäischen Parlaments vor einer Woche (EU-News vom 08.10.2020) und ist angesichts der Dringlichkeit der Klimakrise sehr enttäuschend.

Auch Wendel Trio, Direktor des Climate Action Network (CAN) Europe, mahnte, dass die Zeit dränge. Der Europäische Rat müsse auf seiner Dezembertagung eine Entscheidung herbeiführen, damit die EU ihren Beitrag zur Bewältigung der Klimakrise im Rahmen des Pariser Klimaabkommens anpassen kann. Bis Ende des Jahres sind alle Vertragsparteien aufgefordert, ihren national festgelegten Beitrag (nationally determined contribution, NDC) an die Vereinten Nationen zu übermitteln. [aw]

Schlussfolgerungen des Europäischen Rates zu COVID‑19, zum Klimawandel und zu den Beziehungen EU-Vereinigtes Königreich vom 15. und 16. Oktober 2020 

EU-Kommission: Barnier beim Europäischen Rat: „Tun alles für ein Abkommen mit dem Vereinigten Königreich, aber nicht um jeden Preis“

Joint Statement on the increase of the EU’s 2030 Climate Target supported by Denmark, Estonia, Finland, France, Ireland, Latvia, Luxembourg, the Netherlands, Portugal, Spain and Sweden 

ENDS Europe (kostenpflichtig): European Council: Leaders push back decision on 2030 climate goal 

DNR-Pressestatement von Kai Niebert

CAN Europe: EU leaders delay agreement on 2030 climate target, but confirm December deadline    

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